Lehren aus der Corona-Krise – Gutachten des wissenschaftlichen Beirats des BMWi gibt Empfehlungen an die Politik

Der Beirat beschreibt im Gutachten die jüngsten auch von der Pandemie getriebenen Entwicklungen der Digitalisierung in Deutschland und gibt Empfehlungen in welchen Bereichen und mit welchen Mitteln sich der Staat stärker engagieren sollte.

Dieser Beitrag fasst die Aussagen des Gutachtens mit Fokus auf die Handlungsempfehlungen zur Digitalisierung der Wirtschaft zusammen.

Deutschland ist in mehreren Bereichen in einen Rückstand zu vielen anderen OECD-Ländern geraten, z.B. im Breitbandausbau mit einem hohen Stadt-Land-Gefälle. Auch bei der Nutzung digitaler Geschäftsmodelle sowie Homeoffice ist Deutschland laut Gutachten in der Rolle eines Nachzüglers.

Beim mangelnden Breitbandausbau im ländlichen Raum werden die Ursachen in klassischem Marktversagen gesehen. Dort wird aber bereits mit Regulierung und Subventionen gegengesteuert. In vielen anderen Bereichen, so auch in Unternehmen, sieht man eher ein „Organisationsversagen“ durch mangelnde Veränderungsbereitschaft und nicht in interne Abläufe integrierte Prozessinnovationen. Viele Umstellungen auf digitale Abläufe, die in der Pandemie geschehen sind, hätten auch schon lange vor der Krise angegangen werden können.

Krisenbedingter Schub bei Homeoffice und Videokommunikation

Was das Arbeiten von zuhause angeht wurde das Potential vor der Krise mit 12% der Beschäftigten, die einmal die Woche im Homeoffice arbeiteten, nicht ausgeschöpft. Zum Vergleich: In den Niederlanden waren es über 30%. Die Nutzung vom Homeoffice hat aber in der Pandemie stark zugenommen und lag zeitweise bei fast 50 %. Sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer haben insgesamt positive Erfahrungen mit Homeoffice gemacht. Laut Unternehmensbefragungen könnte die Homeoffice-Nutzung nach Ende der Pandemie deutlich höher ausfallen als vorher.

Der Beirat sieht Überlegungen skeptisch, der Gesetzgeber solle Homeoffice detailliert regeln oder einen Rechtsanspruch auf Homeoffice schaffen. Besser sei es, der Gesetzgeber begleite durch verfahrensrechtliche Regelungen den Aushandlungsprozess zwischen Unternehmen und Beschäftigten und trage so ergebnisoffen zu einem Kulturwandel bei.

Die Nutzung von Videokommunikation hat während der Krise stark zugenommen und dient oft als Ersatz für Präsenztreffen innerhalb von Unternehmen oder für Dienstreisen zu Kunden oder Zulieferern. Da die Unternehmen damit in der Regel positive Erfahrungen damit gemacht haben, geht der Beirat davon aus, dass auch nach Ende der Pandemie mit einem anhaltenden Rückgang der Dienstreisetätigkeiten zu rechnen ist.

Außerdem hat während der Pandemie der Anteil bargeldloser Zahlungen im Einzelhandel mit Karte oder Smartphone stärker zugenommen als zuvor. Der Beirat sieht keinen Anlass für den Staat diesen Transformationsprozess zu steuern oder zu beeinflussen.

Breitbandausbau auf dem Land fördern, KMU bei der Digitalisierung beratend unterstützen 

Der Beirat nennt Bereiche in denen der Staat seine Anstrengungen intensivieren sollte. Darunter ist auch der Bereich „Infrastruktur“, für den der Beirat beschreibt wie der Staat vorgehen sollte. Da der Ausbau einer schnellen digitalen Infrastruktur besonders im ländlichen Raum bisher für private Investoren weniger lukrativ gewesen ist, soll der Ausbau weiterhin zielgerichtet gefördert werden. Dabei sollen durch öffentliche Förderung der privatwirtschaftlicher Ausbau nicht verdrängt werden. Positive Auswirkungen auf Unternehmen in ländlichen Regionen lassen sich bereits nachweisen.

Auch im Bereich „staatliche Fördermaßnahmen für Digitalisierung in Unternehmen“ rät der Berat zu zielgerichteter Förderung von KMU. In der Wirtschaft reifte zuletzt unter anderem die Erkenntnis, dass digital gut entwickelte Unternehmen die Krise bisher am besten überstanden haben. Der Beirat geht davon aus, dass Großunternehmen leichter ihre vorhandenen digitalen Defizite gegenüber der internationalen Konkurrenz aufholen können als KMU. Um die KMU zu unterstützen, sollten neben der Förderung von FuE zu digitalisierungs-relevanten Bereichen und Weiterbildungsangeboten zudem der Zugang zu Beratungsdienstleistungen gefördert werden. Das BMWi bietet mit den Förderprogrammen „Digital Jetzt“ und den 26 Mittelstand 4.0-Kompetenzzentren bereits Förderprogramme. Der Zugang zu lokalen Know-How-Trägern wie beispielsweise Fachhochschulen ist für kleine Unternehmen besonders bedeutsam. In den Bundesländern gibt es laut Beirat bereits unterschiedliche Fördermaßnahmen für Kooperationen zwischen KMU und diesen Einrichtungen (Anmerkung: Dazu zählt sich auch das Partnernetzwerk Wirtschaft 4.0). Der Beirat sieht in der Stärkung dieser Förderungen eine Möglichkeit die digitale Transformation im Mittelstand weiter zu beschleunigen.

Das Gutachten in voller Länge behandelt auch die Bereiche Bildung, Gesundheit, Datenschutz, und öffentliche Verwaltung. 

Quelle: https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Publikationen/Ministerium/Veroeffentlichung-Wissenschaftlicher-Beirat/gutachten-digitalisierung-in-deutschland.html