Digitale Identitäten

Eine digitale Identität ist eine Summe von Informationen über einen Menschen oder ein Unternehmen. Bei einem Unternehmen könnten zum Beispiel die Firma, eine Bankkontoverbindung, Standortadressen und die Umsatzsteuernummer solche Informationen sein. Bei einem Konsumenten hingegen könnten dies Steuernummer, Name, Adresse, Schufa-Score, aber auch Details wie vor mehreren Jahren getätigte Online-Kommentare oder der Lebenslauf sein. 

Beim Kontakt mit einer Privatperson, dem Staat oder einem Unternehmen ist eine zweifelsfreie Identifikation mit einer solchen digitalen Identität samt Preisgabe nötiger und einiger anderer noch zur Freigabe gewünschten Attributen sinnvoll. Das Finanzamt würde wohl nicht den Schufa-Score erfahren, eine Bank nicht frühere Lebenslaufstationen. 

Neben der Verwendung einer zweifelsfrei identifizierenden digitalen Identität steht Privatpersonen die Verwendung von Anonymität frei, doch für Unternehmen und staatliche Stellen können digitale Identitäten voraussichtlich aus Gründen der nötigen Zuverlässigkeit (insbesondere der Identifikation) und der erhofften kostensparenden Vereinfachung und Beschleunigung von Prozessen verbindlich sein. Ein Ansatz dazu ist der Elster-Account beim Finanzamt.

Die Daten einer digitalen Identität machen für Privatpersonen das Thema Datenschutz sehr wichtig. Und es wird schwierig, den hohen Ansprüchen des Datenschutzes ohne katastrophale Datenleaks gerecht zu werden. Technisch ist nicht auszuschließen, dass durch Weitergabe von legitim erhaltenen Fragmenten der digitalen Identität das Gesamtbild wie ein Puzzle zusammengefügt und nicht autorisierten Parteien bekannt werden kann.

Einheitliches Unternehmenskonto für eGovernment

Unternehmen werden nicht durch Datenschutz geschützt und sie sind besonders an effizienten Schnittstellen zu anderen Unternehmen, zur staatlichen Verwaltung und auch zu den Privatpersonen (Endkunden) interessiert. Das Minimum hierfür ist eine zuverlässige Identifikation des Unternehmens selbst mit möglichst geringem Aufwand. Werden ein paar Grunddaten hinzugefügt, müssen Unternehmen bei den vielen Kontakten mit der staatlichen Verwaltung nicht jedes mal Firma, Kontaktperson, Kontaktdaten und Adresse angeben (teils bei einem einzigen Vorgang auf mehreren Formularen wiederholt). Es genügt die digitale Identifikation des Unternehmens (wenn die eGovernment-Lösung dies zulässt). 

Die derzeitige Entwicklung führt zur Nutzung der bereits funktionierenden Elster-Identifikation für Unternehmen im Kontakt mit der staatlichen Verwaltung im Rahmen von eGovernment. Ein einheitliches Unternehmenskonto für Einsatz bei Bund und (allen) Ländern wird von Bayern und Bremen gemeinsam entwickelt. Die zugehörigen Pilotprojekte werden von Nordrhein-Westfalen betreut. Diese technische Lösung eines einheitlichen Unternehmenskontos für alle Interaktionen zwischen Unternehmen und staatlicher Verwaltung in Deutschland wird jedoch nicht für Business-to-Business- (B2B) oder Business-to-Customer-Kontakte (B2C) verwendbar sein. Auch die Verwendung im Kontakt mit staatlich kontrollierten Unternehmen und gesetzlichen Sozialversicherungen erscheint unwahrscheinlich. Ein erfolgreich etabliertes einheitliches Unternehmenskonto wird eine Grundlage sein, doch es wird danach voraussichtlich noch Jahre dauern, bis die Kommunen ihre Prozesse digitalisiert und für diese Schnittstelle zu ihrer eGovernment Praxis eingerichtet haben.

Auch die EU nimmt sich des Themas an und versucht, für Privatpersonen und Unternehmen Erleichterungen durch europaweite digitale Identitäten zu schaffen. Es ist noch nicht sicher, ob sich solche staatlich bzw. multinational etablierten Systeme wirklich bei Privatpersonen durchsetzen werden. Insbesondere das Opt-Out (also anonymisierter Kontakt oder Kontakt als fiktives Alter Ego) wird für viele Privatpersonen wichtig sein.

Es ist bereits jetzt in Ansätzen möglich, sich mit der Facebook- oder Google-Identität bei hunderten Diensten zu registrieren, ohne erneut Daten wie Name, Geburtsdatum und E-Mail Adresse anzugeben. Die IHK Magdeburg stellt auf ihrer Webseite umfänglich Zertifizierungsmöglichkeiten vor, mit denen Unternehmen sich heute schon per Zertifikat zweifelsfrei gegenüber Anderen identifizieren können. 

Autor: 
Dipl.-Ök. B. Eng. Sven Ortmann