Expertenbeitrag

Dipl.-Informatiker Carsten Hagemann

Dipl.-Informatiker Carsten Hagemann

Freier Berater, Hagemann Consulting

Kommentar Digitalisierung: Eigentlich ist doch schon alles dazu gesagt…

Autor / Redakteur: Dipl.-Informatiker Carsten Hagemann / Redaktion IoT

Es gibt viele Gründe, weshalb Unternehmen (noch) nicht den Schritt in Richtig digitaler Zukunft gehen. Sind die vorgetragenen Argumente aber nicht eher Ausreden?

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Digitalisierung
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(www.pixabay.com)

Über die Digitalisierung wird seit vielen Jahren berichtet. Es gibt Erfahrungsberichte von Pilotprojekten; einige sind zusammengefasst als „Do and Don't“ oder als Erfolgsfaktoren. Eine sehr große Zahl an technischen Entwicklungen und Erfindungen wird als „Proof of Concept“ sehr erfolgreich präsentiert. Aus einigen davon sind Lösungen geworden, die mit Sicherheit auch erfolgreich einsetzbar sind. Es gibt Checklisten (ist das Unternehmen bereit für Industrie 4.0?) und daraus abgeleitete Maturity-Level. Dies alles sind sehr gute Hilfsmittel, die bei richtiger Anwendung die Digitalisierungsvorhaben unterstützen. Seit Jahren werden Tools, Lösungen und Ideen hauptsächlich von Beratungs- und Technologieunternehmen präsentiert. Eigentlich müsste das doch dazu geführt haben, dass die Wirtschaft und die öffentlichen Institutionen schon flächendeckend und erfolgreich überall digitalisiert sind.

Sieht man genauer hin, ist das jedoch nicht der Fall. Bei vielen KMU grenzt es eher an Zufall, wenn die Digitalisierung bereits erfolgreich umgesetzt wurde, beziehungsweise zumindest das Projekt gestartet worden ist. Ausnahme sind hier natürlich die StartUps, die sich genau damit beschäftigen und damit ihre eigenen Herausforderungen haben. Aber auch im gehobenen Mittelstand sind Vorhaben zur Digitalisierung eher nicht die Regel, von erfolgreich umgesetzten Projekten ganz zu schweigen.

Aber was sind denn eigentlich erfolgreich umgesetzte Projekte in der Digitalisierung? Bestimmt nicht die einfache Unterstützung eines Prozesses durch den Einsatz von Software. Es ist die Frage nach dem Ziel! Was soll durch den Einsatz von digitaler Technologie besser im Sinne von ressourcenschonender oder umsatzfördernder sein?

Bei der Frage nach dem "Warum nicht" werden häufig folgende Punkte genannt:

  • Schnelles Internet fehlt
  • Fehlender Business Case
  • Keine Zeit, weil die Auftragsbücher voll sind, und sich alle mit der Auftragsbearbeitung beschäftigen
  • Fehlerkultur - nichts darf in die Hose gehen
  • Innovationsferne Mitarbeiter - Keine Mitarbeiter zur Ideenfindung und -umsetzung
  • Wissen nicht, wo wir anfangen sollen
  • Mitarbeiter sind nicht entsprechend ausgebildet
  • Fehlendes Wissen bzgl. Methoden und Digitalisierung
  • Fehlende Fachkräfte
  • Fehlender Mut
  • "Bin sowieso nur noch 2 Jahre hier und in dieser Zeit mache ich nichts mehr. Mein Nachfolger ist dann auch schon kurz vor der Rente und wird auch nichts mehr machen."

 

Dies ist nur ein Auszug, weshalb Unternehmen noch nicht weiter sind mit der Digitalisierung. Wie kann die Zukunft eines Unternehmens mit Hilfe der Digitalisierung gestaltet werden – , auch wenn die oben genannten Gründe den Fortschritt ausbremsen? Welches Unternehmen kann es sich leisten, seine Zukunft ohne digitale Unterstützung selbst zu gestalten?

Es ist vielleicht nicht opportun, über Missstände und Versäumnisse zu schreiben. Ohne diese Punkte aber explizit zu benennen, kann man auch nicht wissen, was konkret dagegen getan werden kann. Insbesondere Führungskräfte dürfen vor der oftmals schmerzlichen Wahrheit ihre Augen und Ohren nicht verschließen.

"Wir haben noch nicht damit begonnen, weil …" oder "Wir stehen gerade vor folgendem Problem: …" wird dann gesagt.

Es heißt doch aber "Was muss passieren, damit wir unserem Ziel näherkommen?" Und das Ziel ist definiert!

Nicht gerade wohlwollend formuliert, gibt es genügend Ausreden, weshalb hinsichtlich der digitalen Zukunftsgestaltung (noch) nichts passiert ist. Jeder hat seine Ausreden, weshalb er/sie etwas nicht gemacht hat. Man kennt es von seinen Kindern und merkt sofort, dass die vorgetragenen Gründe Ausreden sind; Versäumnisse werden schöngeredet.

Hier geht es aber nicht um einen nicht gemähten Rasen (meine Frau merkt sofort, ob ich eine Ausrede benutze - somit weiß ich genau, worüber ich hier schreibe) oder nicht gemachte Hausaufgaben. Die Zukunft eines Unternehmens und die damit verbundenen Arbeitsplätze der Mitarbeiter sind zu wichtig, als dass sie mit Ausreden abgetan werden können. Was muss passieren, damit die Zukunft des Unternehmens und dadurch die der Mitarbeiter und ihrer Familien gesichert werden?

Es ist der Mut, Entscheidungen zu treffen – und zwar auf allen Ebenen des Unternehmens.

Es geht um konsequentes und stringentes Handeln, um das Umsetzen einer getroffenen Entscheidung, hinter der man voll und ganz steht.

Jeder Mitarbeiter hat seinen Handlungsspielraum. Innerhalb dieses Handlungsspielraums muss er/sie die notwendigen Entscheidungen treffen können/dürfen und sie anschließend umsetzen. Entscheidungen auf die nächsthöhere Ebene zu delegieren, ist keine Option.  Jeder im Unternehmen muss diesen Mut haben.

In diesem Artikel sind bewusst einige Punkte überspitzt dargestellt um zu provozieren. Damit soll zur Diskussion angeregt werden. Sehr wahrscheinlich ist die gesamte Bandbreite an Erfahrungen und Meinungen vertreten, von "alles falsch und bei uns ist alles besser" bis hin zu "ja, genau so ist es".

Teil 2: „Umgang mit den Ausreden“ erscheint in der nächsten Ausgabe