Green Cloud-Computing: Forschungsprojekt berechnet Energie- und Ressourceneffizienz digitaler Infrastrukturen und gibt Handlungsempfehlungen

Im Auftrag des Bundesumweltamtes werden im Projekt „Green Cloud-Computing“ die Umweltwirkungen des Cloudcomputing untersucht. Zu vier Bereichen werden in diesem Ergebnispapier Hintergrundinformationen vorgelegt und Handlungsempfehlungen gegeben.

 

  1. Umweltwirkungen von digitalen Infrastrukturen sichtbarer machen

Die digitale Infrastruktur in Deutschland setzt sich aus Rechenzentren und Telekommunikationsnetzwerken zusammen.

Um die Klimaschutzziele erreichen zu können, muss der Stromverbrauch von Rechenzentren massiv gesenkt, die Auslastung deutlich erhöht und die Gebäude- und Versorgungstechnik erheblich effizienter genutzt werden. Ein verpflichtender und einheitlicher Energieausweis für Rechenzentren würde die Energieeffizienz transparent machen und wäre ein Treiber für fairen Wettbewerb. Ein Rechenzentrumskataster würde einen verlässlichen Überblick über Verbrauch und Effizienz bereitstellen und so den Ausbau besser plan- und förderbar machen.

Das Forschungsprojekt zeigt für zwei Cloud-Dienstleistungen beispielhaft auf, wie die Umweltwirkungen berechnet und dargestellt werden können. Für Online-Speicher schlagen die AutorInnen eine Ansicht in „Kilogramm CO2- Äquivalenten pro Terabyte Speicherkapazität und Jahr“ vor. Für die Vergleichbarkeit von Rechenzentren für den Anwendungsfall Videostreaming schlagen sie eine Darstellung in „Gramm CO2-Äquivalente pro Stunde HD-Videostreaming“ vor. Darstellungen dieser Art könnten in der Praxis für mehr Markttransparenz sorgen und besonders klimafreundliche Dienstleistungen fördern.

Für die Treibhausgasemissionen durch den Energieverbrauch von Datennetzen hat das Projekt ein Berechnungsmodell erarbeitet, mit dem unterschiedliche Zugangsnetze miteinander verglichen werden können. Eine beispielhafte Anwendung für Videostreaming wird folgender Abbildung gezeigt.

Die Emissionen unterscheiden sich zwischen den Netzarten teilweise erheblich. Kabelgebundene Netze sind, den Berechnungen nach, grundsätzlich klimafreundlicher als Mobilfunknetze. Am besten schneiden Glasfasernetze (FTTH – „fibre to the home“) ab. Wenn Netzbetreiber den CO2-Fußabdruck ihrer Angebote in dieser Art öffentlich kennzeichnen, haben KundInnen die Möglichkeit klimafreundliche Übertragungswege zu erkennen und zu bevorzugen.

 

  1. Energieeffizienz und Resssourcenschonung beim Ausbau von Breitband- und Mobilfunknetzen

Beim Ausbau von Breitbandnetzen werden Glasfaser und Kupferkabel verwendet. Auch wenn beide Technologien in den letzten Jahren effizienter geworden sind, zeigt sich im Vergleich, dass Internetzugänge über Kupferkabel (VDSL) rund 5-mal mehr Energie benötigen als über Glasfaserkabel (FTTH). In den nächsten Jahren werden noch weitere Leistungs- und Effizienzsteigerungen bei dieser Technologie erwartet.

Daraus leiten die AutorInnen als Handlungsempfehlungen ab, dass der Ausbau von energieeffizienten Glasfasernetzen bis zum Endgerät bzw. bis zum Cloud-System anderen Technologien klar vorzuziehen ist.

 

Was den Ausbau von Mobilfunknetzen angeht, empfielt die Autorenschaft, dass die Mobilfunktbetreiber Standorte und Equipment gemeinsam nutzen. Über eine bessere Auslastung können so Energie und Ressourcen eingespart werden, gegenüber der derzeitigen Situation mit sich überlagernden Netzen. Für die Umsetzung müssen aber noch technische und wirtschaftliche Fragen geklärt werden.

Der 5G-Mobilfunkstandard bietet neben hohen Datenraten, kurzen Latenzzeiten und Skalierbarkeit auch enorme Effizienzgewinne gegenüber den bisher verbreiteten Netztechniken. So brauchen die 4G-Netze (LTE) etwa 3-mal so viel Energie wie die 5G-Technik je übertragener Datenmenge. Die 3G-Netze (UMTS) brauchen sogar 20-mal soviel Energie wie 5G. Empfohlen wird zur Ressourceneinsparung deswegen eine Modernisierung der Mobilfunktnetze. Dabei soll auch die Effizienz der Stromversorgung und Klimatisierung der Technikstandorte berücksichtigt werden.

Mobilfunk soll aber nicht für den Hausanschluss verwendet werden, da Glasfaser dafür wesentlich energieeffizienter ist. Bei einem Umbau der Mobilfunknetze wird der 3G-Standard obsolet. Da aber viele Endgeräte der Netzteilnehmer*innen (Handys) mit diesem Standard derzeit noch verwendet werden, gilt es den Zeitpunkt der Abschaltung von 3G sorgfältig abzuwägen.

 

  1. Planung, Betrieb und Entsorgung von Rechenzentren soll umweltgerechter werden

Die gesamte elektrische Energie, die in Rechenzentren gebraucht wird (bis zu mehrere Megawatt Anschlussleistung), wird in Wärme umgesetzt. Derzeit wird diese als Abwärme in der Regel an die Umgebung abgeführt und damit verschwendet. Die Abwärme könnte zur Beheizung von Gebäuden oder als Prozesswärme genutzt werden. Die AutorInnen empfehlen deswegen, bei der Standortwahl von neuen Rechenzentren eine Abwärmenutzung verbindlich zu berücksichtigen.

 

Bestehende Rechenzentren sind technisch in der Praxis nur wenig ausgelastet. 70% bis 80% der möglichen Prozessorleistung beispielsweise bleibt in der Regel ungenutzt im Leerlauf, verbraucht also Energie ohne Rechenleistung zu erbringen. Die Autorenschaft sieht insbesondere in der Planungsphase ein hohes Potential durch eine bedarfsorientierte Planung und den Einsatz von modular zuschaltbaren oder erweiterbaren Komponenten für erheblichen Effizienzgewinn. Gleichzeitig werden so Investitions- und Betriebskosten gesenkt.

 

Vor dem Hintergrund, dass die europäische Kommission den Kontinent mit dem Green Deal bis 2050 klimaneutral machen will, sollten auch Neubauten des von der Bundesregierung initiierten Großprojekts für eine sichere Cloudinfrastruktur in Europa „GAIA-X“ die hohen Kriterien für Energie- und Ressourceneffizienz des Blauen Engels erfüllen.

 

Die Öffentliche Hand verfügt mit Beschaffungen von Produkten und Dienstleistungen in Höhe von jährlich etwa 260 Mrd. Euro über einen enormen Hebel, um die Märkte für umweltpolitische Ziele zu beeinflussen. Bund und Länder sollen deswegen auch bei Ausschreibungen für Infrastruktur und Dienstleistungen von Rechenzentren konsequent die Kriterien des Blauen Engels heranziehen (siehe DE-UZ 213DE-UZ 161DE-UZ 214DE-UZ 215).

 

In die Hardware von Rechenzentren werden große Mengen wertvoller Rohstoffe verbaut. Sie sollte deswegen möglichst so lange benutzt werden, bis neue effizientere Hardware den Weiterbetrieb der alten Hardware in der Ökobilanz überholt. Um den optimalen Zeitpunkt ermitteln zu können, sehen die AutorInnen weiteren Forschungsbedarf. Das geordnete Recycling von Rechenzentrenhardware soll zudem für höhere Recyclingquoten durch neue Instrumente besser überwacht werden.

 

  1. Anreize setzen um Einsparmöglichkeiten für VerbraucherInnen zu fördern

Die Übertragung von Videoinhalten machen ca. 80% des Datenverkehrs in Telekommunikationsnetzen aus. Kleine Bildschirme von Smartphones oder Tablets sind zwar technisch oft in der Lage eine hohe Pixelanzahl anzuzeigen, das menschliche Auge kann aber bei einem üblichen Abstand den Unterschied gegenüber einer geringeren Auflösung nicht unterscheiden. Hohe Videoauflösungen bedeuten aber eine deutlich höhere zu übertragende Datenmenge. Deswegen schlagen die AutorInnen vor, dass Videostreaming-Dienste automatisch die Displaygröße erkennen und Datenmenge bei kleinen Displays auf das notwendige Maß reduzieren. Eine weitere Möglichkeit unnötigen Datenverkehr zu reduzieren, wäre das automatische Abspielen von Videos (Autoplay) auf Webseiten standardmäßig zu deaktivieren und die User selbst entscheiden zu lassen, ob sie ein Video abspielen möchten.

Da die Datenübertragung in Mobilfunknetzen wesentlich energieintensiver ist als im Kabelnetz, schlagen die AutorInnen vor, Anreize für mehr Datenkonsum im Mobilfunk (z.B. Streamingpakete) zu reduzieren. Alternativen wären umweltbewusste Tarife, die ein kostenloses Telefonieren im WLAN zulassen.

Die Subventionierung von Smartphones über eine höhere Grundgebühr von Mobilfunkverträgen drängt den AutorInnen nach die Kundschaft dazu, alle ein bis zwei Jahre ein neues Gerät zu nutzen. Niedrige Grundgebühren und nicht-subventionierte Hardware fördern eher lange Kaufzyklen und reduzieren somit unnötigen Elektroschrott und den dafür nötigen Energie- und Ressourceneinsatz.

Quelle: https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/energie-ressourceneffizienz-digitaler