„Digital Gender Gap“ – Studie zeigt Unterschiede zwischen Frauen und Männern im Digitalisierungsgrad und in der technischen Ausstattung im Beruf

Die Forschenden der D21-Initiative haben zusammen mit dem Kompetenzzentrum Technik-Diversity-Chancengleichheit eine Sonderauswertung der Daten des D21-Digital-Index 2018/2019 unter Genderaspekten durchgeführt. 

Überblick und Zielsetzung 

Das Besondere an der zu Grunde liegenden Studie (Zusammenfassung hier) ist, dass sie repräsentativ für die deutsche Wohnbevölkerung ab 14 Jahren ist und mit 10.319 Frauen und 10.087 Männern eine im Vergleich zu anderen Befragungen zum Thema Digitalisierung eine sehr große Stichprobe umfasst. 

Der aus den Antworten gebildete D21-Digital-Index soll auf einer Skala von 0 bis 100 den Digitalisierungsgrad der deutschen Gesellschaft wiedergeben. Der aktuelle Durchschnittswert liegt bei 55 Punkten. In der Teilgruppe von Frauen liegt dieser Wert mit 51 Punkten deutlich niedriger als bei Männern mit 61 Punkten. Erklärtes Ziel der Sonderauswertung ist es, potentielle Zugangsbarrieren für Frauen in unterschiedlichen Lebenssituationen zu erkennen und Frauen im gesellschaftlichen Diskurs um den digitalen Wandel differenzierter sichtbar zu machen.

Der Gesamtindex setzt sich aus vier unterschiedlich gewichteten Subindizes zusammen: Kompetenz (40%), Zugang (30%), Offenheit (20%), und Nutzungsverhalten (10%). 

Unterschiede bei der Selbsteinschätzung der digitalen Kompetenzen

Bereits bei digitalen Basisfertigkeiten wie der Umgang mit Office-Anwendungen gibt es ein Kompetenzgefälle. Mit zunehmenden Alter schätzen sich die Befragten immer weniger kompetent ein. Dies gilt für Frauen und Männer, aber Männer halten sich in jeder Altersgruppe für kompetenter. So meinen 82% der unter 25-jährigen Männer und 71% der Frauen in dieser Altersgruppe am Computer Texte/Präsentationen erstellen/ Berechnungen mit einem Tabellenkalkulationsprogramm durchführen zu können. Bei den über 65-Jährigen liegt die Selbsteinschätzung am weitesten auseinander: nur 17% der Frauen und 41% der Männer beurteilen sich in bei diesen Aufgaben als kompetent. Aber auch unter den jungen Erwachsenen gibt es bei den stärker technischen Kompetenzen große Unterschiede zwischen Männern und Frauen. So meinen 23% der Männer unter 25 Jahren dass sie mindestens eine Programmiersprache beherrschen, aber 11% der Frauen dieser Altersgruppe sagt das über sich. Die Auswertungen der Selbsteinschätzung zu digitalen Kompetenzen zeigt ein durchgängiges Gefälle (siehe Abbildung) zwischen Frauen und Männern, das unabhängig von Bildung, Alter und beruflichem Status ist. Bei der Interpretation dieser Werte muss man berücksichtigen, dass Frauen bei objektiv gleichen Leistungen dazu neigen sich selbst in stereotyp männlichen Kompetenzbereichen weniger fähig einschätzen als Männer. 

Als Handlungsempfehlungen schlagen die Forschenden deshalb unter anderem vor, dass empirische Studien nicht weiter auf gesellschaftliche Stereotypen einzahlen sollten, indem Gender- und Diversityexpertise stets in die Konzeptions- und Interpretationsphase einbezogen werden. 

 

Offenheit bei Männern, Jüngeren, und Vollzeitbeschäftigten tendenziell höher

Die unterschiedlichen Haltungen zwischen Frauen und Männern werden werden in der Studie mit zwei trennscharfen Aussagen deutlich gemacht. Die erste lautet: „Ich bin immer an den neuesten Trends im digitalen Umfeld interessiert.“ Dem haben in allen Altersgruppen die Männer eher zugestimmt als die Frauen, die Jüngeren allgemein eher als die Älteren. Der Unterschied ist am geringsten bei den 14-24 Jährigen mit 43% der Frauen und 59% der Männer, die der Aussage zustimmten. Bei den 45-65 Jährigen war die Kluft mit 15% der Frauen und 38% der Männer deutlich größer. 

Die zweite Aussage lautet: „Ich bin daran interessiert, mein Wissen im Bereich Computer, Internet und Digitale Themen auszubauen.“ Hier fiel auf, dass Befragte in höher qualifizierten Berufen dem eher zustimmten als in einfachen Berufen. Außerdem stimmten Frauen in Vollzeit dem eher zu als Frauen, die in Teilzeit tätig waren. Die Forschenden schlagen als Handlungsempfehlungen vor die Vermittlung digitaler Kompetenzen zielgruppenorientiert auszurichten. Das heißt eine konkrete Ausrichtung auf Personen in Familien- und Sorgetätigkeiten, auf Beschäftigte in bestimmten Berufsfeldern und Teilzeitbeschäftigte. Die Didaktik muss dabei Unterschiede auf mehreren Ebenen wie Lernsozialisation und unterschiedlichen Ausgangsniveaus berücksichtigen. 

Digitales Arbeiten: Vollzeitbeschäftigte Männer technisch besser ausgestattet

Vollzeitbeschäftigte Frauen hatten nur zu 36% einen Laptop zur Verfügung, Männer hingegen zu 56%.  Auch über einen Fernzugang/VPN zur Arbeit für Telearbeit als eine wichtige Voraussetzung für Homeoffice verfügten nur 11% der Frauen, aber 21% der Männer unter den Vollzeitbeschäftigten. Hier ist zu bedenken, dass diese Daten vor der Corona-Pandemie erhoben wurden, welche für einen enormen Schub fürs Homeoffice gesorgt hat. Studien dazu haben wir uns hier und hier genauer angeschaut.

Die Forschenden kommen auch zu der Erkenntnis, dass sich eher Männer stärker unter Druck stehen sehen, technische Neuerungen zu adaptieren. So stimmen 46% der berufstätigen Männer der Aussage zu „Die Digitalisierung setzt mich in meinem Beruf einem dauerhaften Lern- und Anpassungsdruck aus. Unter den berufstätigen Frauen stimmen dem nur 36% zu.

Als Handlungsempfehlung wird hier unter anderem vorgeschlagen, dass alle Beschäftigen zur Nutzung digitaler Arbeitsformen ermutigt werden sollten. Die Kriterien für die Ausstattung mit digitalen Geräten und Anwendungen in vielen Berufsfeldern soll dabei transparent und kein Statussymbol sein. Der Zugang dazu soll offen und niedrigschwellig erfolgen. 

Quelle:

https://initiatived21.de/publikationen/digital-gender-gap/